Zwei der bekanntesten und beliebtesten Projektmanagement-Methoden sind PRINCE2 und Agile. Doch was sind die Vor- und Nachteile dieser Methoden? Und wie kann man sie am besten für seine eigenen Projekte nutzen?
In diesem Blogartikel möchte ich Ihnen einen Überblick über die Grundidee, Stärken und Schwächen von PRINCE2 und Agile geben. In Deutschland sind die meist verbreiteten Mehtoden: PRINCE2, PRINCE2 Agile, Scrum und Kanban.
Was ist PRINCE2?
PRINCE2 steht für Projects in Controlled Environments und ist eine strukturierte Methode für das Management von Projekten jeder Größe und Komplexität. Sie wurde von der britischen Regierung entwickelt und wird von Axelos angeboten, einem Joint Venture zwischen der britischen Regierung und dem Zertifizierungsanbieter PeopleCert. PRINCE2 definiert sieben Prinzipien, sieben Themen und sieben Prozesse für das Projektmanagement.
Die sieben Prinzipien sind:
- Fortlaufende geschäftliche Rechtfertigung: Jedes Projekt muss einen klaren Nutzen für die Organisation haben, der während des gesamten Projektlebenszyklus überprüft wird.
- Lernen aus Erfahrungen: Jedes Projekt muss aus den Erfahrungen früherer Projekte lernen und seine eigenen Erfahrungen dokumentieren und weitergeben.
- Definierte Rollen und Verantwortlichkeiten: Jedes Projekt muss eine klare Organisationsstruktur haben, die die Rollen und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten festlegt.
- Steuern nach dem Ausnahmeverfahren: Jedes Projekt muss in Phasen unterteilt werden, die jeweils einen detaillierten Plan haben. Die Projektleitung überwacht den Fortschritt und greift nur ein, wenn Abweichungen vom Plan auftreten.
- Produktorientierung: Jedes Projekt muss sich auf die Erstellung von qualitativ hochwertigen Produkten konzentrieren, die den Anforderungen der Kunden entsprechen.
- Anpassung an die Projektumgebung: Jedes Projekt muss an die spezifischen Merkmale der Umgebung angepasst werden, wie z.B. Größe, Komplexität, Risiko oder Bedeutung.
- In Phasen ablaufen: Jedes Projekt muss in überschaubare Phasen unterteilt werden, die jeweils einen Anfang, eine Zwischenphase und ein Ende haben.
Die sieben Themen sind:
- Geschäftsfälle: Das Thema Geschäftsfälle beschreibt, wie der Nutzen des Projekts definiert, überprüft und kontrolliert wird.
- Organisation: Das Thema Organisation beschreibt, wie die Rollen und Verantwortlichkeiten im Projekt verteilt werden.
- Qualität: Das Thema Qualität beschreibt, wie die Qualitätsanforderungen der Produkte festgelegt, geplant, überprüft und kontrolliert werden.
- Pläne: Das Thema Pläne beschreibt, wie die Aktivitäten des Projekts geplant, überwacht und gesteuert werden.
- Risiko: Das Thema Risiko beschreibt, wie die Unsicherheiten im Projekt identifiziert, bewertet, behandelt und kommuniziert werden.
- Änderung: Das Thema Änderung beschreibt, wie das Projekt mit Änderungsanforderungen oder Problemen umgeht.
- Fortschritt: Das Thema Fortschritt beschreibt, wie der Fortschritt des Projekts gemessen, berichtet und gesteuert wird.
Die sieben Prozesse sind:
- Vorbereiten eines Projekts (Starting up a Project): Dieser Prozess dient dazu, das Projekt zu initiieren und zu autorisieren.
- Lenken eines Projekts (Directing a Project): Dieser Prozess dient dazu, das Projekt aus Sicht des Lenkungsausschusses zu steuern.
- Initiieren eines Projekts (Initiating a Project): Dieser Prozess dient dazu, das Projekt zu planen und zu organisieren.
- Steuern einer Phase (Controlling a Stage): Dieser Prozess dient dazu, die einzelnen Phasen des Projekts zu überwachen und zu steuern.
- Managen der Produktlieferung (Managing Product Delivery): Dieser Prozess dient dazu, die Erstellung und Lieferung der Produkte zu koordinieren und zu kontrollieren.
- Managen einer Phasenübergabe (Managing a Stage Boundary): Dieser Prozess dient dazu, den Abschluss einer Phase zu überprüfen und die nächste Phase zu planen.
- Abschließen eines Projekts (Closing a Project): Dieser Prozess dient dazu, das Projekt formell abzuschließen und zu evaluieren.
Was ist Agile?
Agile ist ein Sammelbegriff für verschiedene Methoden und Praktiken, die eine flexible und anpassungsfähige Herangehensweise an das Projektmanagement ermöglichen. Agile basiert auf den Werten und Prinzipien des Agilen Manifests, das 2001 von einer Gruppe von Softwareentwicklern verfasst wurde. Agile fördert die Zusammenarbeit, die Selbstorganisation, die kontinuierliche Verbesserung und die Kundenzufriedenheit.
Die vier Werte des Agilen Manifests sind:
- Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
- Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
- Reagieren auf Veränderung mehr als einem Plan folgen
Die zwölf Prinzipien des Agilen Manifests sind:
- Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software zufriedenzustellen.
- Heiße Anforderungsänderungen selbst spät in der Entwicklung willkommen. Agile Prozesse nutzen Veränderungen zum Wettbewerbsvorteil des Kunden.
- Liefere funktionierende Software regelmäßig innerhalb weniger Wochen oder Monate und bevorzuge dabei die kürzere Zeitspanne.
- Fachexperten und Entwickler müssen während des Projektes täglich zusammenarbeiten.
- Baue Projekte rund um motivierte Individuen. Gib ihnen das Umfeld und die Unterstützung, die sie benötigen und vertraue darauf, dass sie die Aufgabe erledigen.
- Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen an und innerhalb eines Entwicklungsteams zu übermitteln, ist im Gespräch von Angesicht zu Angesicht.
- Funktionierende Software ist das wichtigste Fortschrittsmaß.
- Agile Prozesse fördern nachhaltige Entwicklung. Die Auftraggeber, Entwickler und Benutzer sollten ein gleichmäßiges Tempo auf unbegrenzte Zeit halten können.
- Ständiges Augenmerk auf technische Exzellenz und gutes Design fördert Agilität.
- Einfachheit – die Kunst, die Menge nicht getaner Arbeit zu maximieren – ist essenziell.
- Die besten Architekturen, Anforderungen und Entwürfe entstehen durch selbstorganisierte Teams.
- In regelmäßigen Abständen reflektiert das Team, wie es effektiver werden kann und passt sein Verhalten entsprechend an.
Es gibt verschiedene Frameworks und Methoden, die unter dem Begriff Agile zusammengefasst werden können, wie z.B. Scrum, Kanban, Extreme Programming oder Lean. Diese Frameworks und Methoden haben jeweils ihre eigenen Regeln, Rollen, Artefakte und Praktiken für das Projektmanagement.
Was sind die Vor- und Nachteile von PRINCE2 und Agile?
PRINCE2 und Agile haben jeweils ihre eigenen Stärken und Schwächen, die je nach Projektart, -umfang, -komplexität, -risiko und -umfeld variieren können. Hier sind einige der Vor- und Nachteile von PRINCE2 und Agile:
Vorteile von PRINCE2:
- PRINCE2 bietet eine klare Struktur und einen klaren Rahmen für das Projektmanagement, der die Rollen, Verantwortlichkeiten, Prozesse und Produkte definiert.
- PRINCE2 ermöglicht eine effektive Steuerung und Überwachung des Projekts durch den Lenkungsausschuss, der die strategischen Entscheidungen trifft.
- PRINCE2 stellt sicher, dass das Projekt einen klaren Geschäftsnutzen hat, der während des gesamten Projektlebenszyklus überprüft wird.
- PRINCE2 ist anpassbar an verschiedene Projektumgebungen und kann mit anderen Methoden kombiniert werden.
Nachteile von PRINCE2:
- PRINCE2 kann zu bürokratisch und dokumentationslastig sein, was zu einem hohen Verwaltungsaufwand führen kann.
- PRINCE2 kann zu unflexibel und starr sein, um auf Veränderungen zu reagieren, die während des Projekts auftreten können.
- PRINCE2 kann zu wenig Fokus auf die Zusammenarbeit mit dem Kunden und den Endbenutzern legen, was zu einer geringeren Kundenzufriedenheit führen kann.
- PRINCE2 erfordert eine hohe Qualifikation und Erfahrung der Projektmanager und -mitarbeiter, die zudem eine Zertifizierung erwerben müssen.
Vorteile von Agile:
- Agile bietet eine flexible und anpassungsfähige Herangehensweise an das Projektmanagement, die es ermöglicht, schnell auf Veränderungen zu reagieren und die Kundenbedürfnisse zu erfüllen.
- Agile fördert die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen allen Beteiligten des Projekts, insbesondere zwischen dem Entwicklungsteam und dem Kunden.
- Agile konzentriert sich auf die Erstellung und Lieferung von qualitativ hochwertigen Produkten, die einen hohen Wert für den Kunden haben.
- Agile ermöglicht ein kontinuierliches Lernen und Verbessern durch regelmäßiges Feedback und Reflexion.
Nachteile von Agile:
- Agile erfordert eine hohe Disziplin und Selbstorganisation des Entwicklungsteams, das eigenverantwortlich arbeiten muss.
- Agile kann zu einem Mangel an Planung und Dokumentation führen, was zu einem Verlust von Kontrolle und Transparenz führen kann.
- Agile kann zu einem Risiko von Konflikten und Missverständnissen ausgesetzt sein, wenn die Erwartungen und Anforderungen des Kunden nicht klar definiert sind.
- Agile kann zu einer Überforderung oder Unterforderung des Entwicklungsteams führen, wenn die Arbeitsbelastung nicht angemessen verteilt und priorisiert ist.
Was ist PRINCE2 Agile?
PRINCE2 Agile ist eine Erweiterung von PRINCE2, die agile Prinzipien und Praktiken integriert, um eine flexible und anpassungsfähige Projektumsetzung zu ermöglichen. PRINCE2 Agile wurde 2015 von Axelos veröffentlicht und richtet sich an Unternehmen und Einzelanwender, die PRINCE2 nutzen und zusätzlich von den Vorteilen agiler Methoden profitieren möchten.
PRINCE2 Agile behält die sieben Prinzipien, Themen und Prozesse von PRINCE2 bei, passt sie aber an die agile Umgebung an. Dabei werden folgende Aspekte berücksichtigt:
- Agiles Verhalten: PRINCE2 Agile betont die Bedeutung von agilen Werten wie Transparenz, Zusammenarbeit, Feedback, Respekt und Mut.
- Agiles Anpassen: PRINCE2 Agile ermöglicht es, die Anforderungen, Pläne, Produkte und Prioritäten des Projekts flexibel zu ändern, um auf Veränderungen zu reagieren.
- Agiles Fokussieren: PRINCE2 Agile konzentriert sich auf die Erstellung und Lieferung von wertvollen und qualitativ hochwertigen Produkten, die den Kundenbedürfnissen entsprechen.
- Agiles Liefern: PRINCE2 Agile fördert die frühe und häufige Auslieferung von Produkten in kurzen Iterationen oder Sprints, die das Feedback und das Lernen ermöglichen.
PRINCE2 Agile bietet auch eine Anleitung, wie man PRINCE2 mit verschiedenen agilen Methoden kombinieren kann, wie z.B. Scrum, Kanban oder Lean. PRINCE2 Agile ist auch die Grundlage für eine Zertifizierung von Axelos, den PRINCE2 Agile Practitioner.
Was sind die Vor- und Nachteile von PRINCE2 Agile?
PRINCE2 Agile ist eine hybride Methode, die versucht, das Beste aus beiden Welten zu vereinen: die Struktur und Kontrolle von PRINCE2 mit der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von Agile. Dabei hat PRINCE2 Agile folgende Vor- und Nachteile:
Vorteile von PRINCE2 Agile:
- PRINCE2 Agile ermöglicht eine bessere Abstimmung zwischen dem Lenkungsausschuss und dem Entwicklungsteam, indem es eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Verständnis für das Projektmanagement schafft.
- PRINCE2 Agile erhöht die Kundenzufriedenheit und den Geschäftsnutzen des Projekts, indem es den Kunden stärker in den Projektprozess einbezieht und auf seine Bedürfnisse eingeht.
- PRINCE2 Agile verbessert die Qualität und den Wert der Produkte, indem es ein hohes Maß an Transparenz, Feedback und Verbesserung fördert.
- PRINCE2 Agile reduziert das Risiko von Konflikten und Missverständnissen, indem es einen klaren Plan und eine klare Dokumentation für das Projekt bereitstellt.
Nachteile von PRINCE2 Agile:
- PRINCE2 Agile kann zu einer Überkomplexität und Verwirrung führen, wenn die Anforderungen, Pläne, Produkte und Prioritäten des Projekts zu häufig geändert werden.
- PRINCE2 Agile kann zu einer Vermischung oder einem Verlust von Verantwortlichkeiten führen, wenn die Rollen und Prozesse von PRINCE2 und Agile nicht klar abgegrenzt sind.
- PRINCE2 Agile kann zu einer Überforderung oder Unterforderung des Lenkungsausschusses führen, wenn er nicht ausreichend in den agilen Prozess eingebunden ist oder zu viel Kontrolle ausübt.
- PRINCE2 Agile erfordert eine hohe Qualifikation und Erfahrung der Projektmanager und -mitarbeiter, die sowohl PRINCE2 als auch Agile beherrschen müssen.
Fazit
PRINCE2 und Agile sind zwei der führenden Projektmanagement-Methoden, die jeweils ihre eigenen Stärken und Schwächen haben. Die Wahl zwischen den Methoden hängt von Projektumfang, Komplexität und Unternehmenskultur ab.